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Nachbarrecht: Kameragesteuerte Flugdrohne als „Auge des Dr. Mabuse"

(ho) Die Lebensgefährtin des Nachbarn N mag sich an den Film „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ erinnert haben, als sie auf einer Sonnenliege im Garten liegend und lesend in ca. 7 m Höhe die Flugdrohne ihres Grundstücksnachbarn G über Ihr kreisend bemerkte. Die Lebensgefährtin, nennen wir sie L, stellte daraufhin G zur Rede und erkundigte sich danach, ob die Drohne über eine Kamera verfüge, die Echtzeitbilder übertrage. G bejahte das. Daraufhin verbot L einen weiteren Überflug des Grundstücks. G schlug das buchstäblich in den Wind. Er lasse sich bei der Ausübung seines Hobbys nicht behindern. N klagt gegen B auf Unterlassung. Das AG Potsdam folgt dem (Urteil vom 16.4.2015 - 37 C 454/13, zitiert nach juris).

Wir sehen:
Der Potsdamer Amtsrichter hatte für das „Hobby“ des G überhaupt kein Verständnis. Er sah in dieser Handlung ein gezieltes Überfliegen des Grundstücks des unbeliebten Nachbarn N, das schon fast einem Mobbing gleichkomme, und gab dem Unterlassungsanspruch des N aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der Privatsphäre statt. G habe durch den Überflug der von ihm gesteuerten Drohne unter Fertigung von Bildern in Echtzeitübertragung in das Persönlichkeitsrecht des N und der L eingegriffen. Zum Recht auf Privatsphäre gehöre auch die Integrität eines räumlichen Bereichs, der dazu bestimmt sei, für sich zu sein, zu sich zu kommen, sich zu entspannen oder sich auch gehen lassen zu können, so das AG Potsdam ausdrücklich (Rn. 22 der Entscheidungsgründe; ebenso Regenfus, Zivilrechtliche Abwehransprüche gegen Überflüge und Bildaufnahmen von Drohnen, NZM 2011, S. 799, 800 mit weiteren Nachweisen).

Die Bereiche eines Grundstücks, die von öffentlichen Flächen oder angrenzenden Privatgrundstücken aus nicht einsehbar seien, seien typischerweise Rückzugsorte des jeweiligen Nutzers, weshalb Beobachtungen anderer Personen als Ausspähung das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen. Dies gelte umso mehr, wenn das Grundstück - wie hier durch eine hohe Hecke - gegen fremde Blicke erkennbar abgeschirmt sei. Die Privatsphäre habe in jedem Falle Vorrang vor der reklamierten Handlungsfreiheit in Bezug auf die Ausführung eines Hobbys. Im Übrigen gehe es hier nicht um die Ausübung eines Hobbys, etwa vergleichbar mit dem "kindlich unschuldigen" (so das Gericht wörtlich) Steigen lassen eines Drachens oder eines ferngelenkten Modellflugzeugs, sondern um das Ausspähen eines unliebsamen Nachbarn mit einer Flugdrohne, deren Kamera unstreitig während des ganzen Fluges eingeschaltet war und Bilder in Echtzeit davon übertrug.

Neben der Rechtsverletzung bestehe auch eine Wiederholungsgefahr, die schon aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung zu vermuten sei (Rn. 25 der Entscheidungsgründe; ebenso: BGH, NJW 2012, S. 3781; Palandt/Bassenge, Kurzkommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 1004 BGB Rn. 32). Dies gelte trotz der abgegebenen Unterlassungserklärung für die Zukunft. Denn sie sei ohne die geforderte Strafbewehrung (Anm. des Verf.: Für jeden Fall des Zuwiderhandelns ist ein Geldbetrag zu entrichten) erfolgt. Eine Unterlassung ohne Strafbewehrung aber räume die Wiederholungsgefahr nicht aus (Rn. 25 der Entscheidungsgründe; ebenso: Baldus, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013 § 1004 BGB Rn. 292 mit weiteren Nachweisen).

Zu Recht brummte der Potsdamer Amtsrichter dem allzu neugierigen Nachbarn G auch die vorprozessualen Anwaltskosten sowie insgesamt geltend gemachte Zinsen auf (§ 826, 249, 291, 288 BGB).

© Dr. Hans Reinold Horst

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