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Miete: „Rustikale Umgangsformen“ – Beleidigung und Verleumdung als Kündigungsgrund?

(ho) Ob Beleidigungen des Vermieters durch den Mieter zu einer (fristlosen) Kündigung führen können, wird von den Gerichten sehr zurückhaltend beurteilt. Da ist von einer Reaktion im Affekt die Rede, Milieustudien sollen derartige Aussprüche verharmlosen, es wird genau untersucht, wer wen provoziert hat. Auch die Dauer des Mietverhältnisses und das Alter des Mieters sollen eine Rolle spielen, natürlich - wie kann es anders sein - ein eventueller Erregungs- oder Krankheitszustand. Generelle Frage dabei zwischen den Zeilen: War es denn wirklich so schlimm? Gehört ein solcher Ton nicht zum üblichen Milieu? Der arme und von vielen sozialen Unzulänglichkeiten geplagte Mieter! Häufig genug sind derartige Urteile, die eine fristlose oder fristgemäße Kündigung und eine darauf gestützte Räumungsklage des Vermieters verwerfen, einfach nicht mehr nachvollziehbar.

Dennoch:
Häufig genug trifft Theorie Praxis. Zu schildern in diesem Zusammenhang ist ein Fall eines Vermieters, der sich den Übungen im Faustrecht seines Mieters gegenübergestellt sah, und das nur, weil er die Zählerstände von Strom, Gas und Wasser beim Mieter ablesen wollte. Der Mieter trug seinen allgemeinen Lebensfrust vor, erregte sich über politische Entwicklungen und erging sich danach in Betrachtungen über die Unzulänglichkeit seines Mietverhältnisses. Der allgemeine Lebensfrust, Arbeitslosigkeit und eigene Erfolglosigkeit sowie Einsamkeit, konnten mit persönlichem Schuldvorwurf schwer zugeordnet werden. Politiker waren ebenfalls nicht greifbar, aber der Vermieter! Also nahm er sich diesen vor und schlug ihn kurzerhand mit der Faust mehrfach ins Gesicht. Der Vermieter erlitt eine Platzwunde an der Stirn, die notärztlich im Krankenhaus versorgt werden musste und trug mehrere Rippen Prellungen davon, weil er durch die Faustschläge durch die halbe Wohnung „gekegelt" worden war. Natürlich waren Strafanzeige, fristlose Kündigung und umgehende Räumungsklage das Resultat dieser „Meinungsäußerungen" des Mieters.
Nur:
Das Problem - der Vermieter war alleine und hatte keine Zeugen. Man kann sich unschwer ausmalen, wie sich der Mieter im Räumungsrechtsstreit verhielt und wie danach die Sache ausging. Denn in Deutschland bekommt nur derjenige Recht, der es beweisen und bezahlen kann!

Offensichtlich hat aber doch die Gesellschaft an Ruppigkeit, Egomanie, Rücksichtslosigkeit, Gewaltbereitschaft mit immer niedriger werdender Schwelle, und übersteigertem eigenen Anspruchsdenken so zugenommen, dass die Rechtsprechung allmählich auf Beleidigungen von Mietern empfindlicher reagiert und darauf gestützte Kündigungen und Räumungsklagen akzeptiert.

Dies ist zum Beispiel bei laut heraus geschrienen Beleidigungen einer Vermieterin als „bekloppte und bescheuerte Kuh“ oder als „krankhaft bösartige Ziege“, in der Lautstärke zum unfreiwilligen mithören aller Nachbarn geeignet (AG Bochum, Urteil vom 26.8.2015 - 67 C 241/15, NJW-aktuell Heft 50/2015, S. 10), der Fall, ebenso bei der Aufforderung an die Vermieterin „Halt`s Maul Du blöde Kuh“ (AG München, Urteil vom 12.5.2015 (424 C 28.854/13, veröffentlicht in: NJW-aktuell Heft 23/2015, S. 10), oder auch bei Verleumdungen des Vermieters gegenüber Dritten mit der Aussage, man sei als Frau durch den Vermieter sexuell belästigt worden (AG München, Urteil vom 19.3.2015 - 412 See 29.251/14, veröffentlicht in IMR 2016, S. 11).

© Dr. Hans Reinold Horst

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